In Deutschland hatte der Bundesgerichtshof (BGH) eine strafrechtliche Verantwortlichkeit des früheren Oberbürgermeisters der Stadt Homburg zu beurteilen, weil ein Auftrag ohne Ausschreibung vergeben wurde. In der zugrundeliegenden Rechtsache hatte der Oberbürgermeister eine Detektei für mindestenssechs Wochen beauftragt, um allfällige Unregelmäßigkeiten beim Verkauf von Holz aus dem Staatsforst zu überprüfen.Dieser Auftrag an die Detektei wurde ohne vorherige Ausschreibung erteilt. In der Folge hat die Detektei ein marktunüblich hohes Honorar verrechnet, wodurch der Stadt ein Schaden von zumindest EUR 65.000,00 entstanden ist. Diesen Sachverhalt hatte das Landesgericht Saarbrücken in erster Instanz als strafbare Untreue beurteilt und eine bedingte Freiheitsstrafe von einem Jahr und drei Monaten ausgesprochen. Der BGH hatte zwar dieses erstinstanzliche Urteilmit Beschluss vom 8.1.2020 aufgehoben. Diese Aufhebung erfolgte aber nur mit der Begründung, es wäre keine tragfähige Beweiskette für die Wissentlichkeit des Angeklagten nachgewiesen worden, dass er seine Befugnisse als Oberbürgermeister bei der vorliegenden Auftragsvergabe überschritten hat. Daher hatte der BGH die vorliegende Rechtssache an das Landesgericht Saarbrücken zur nochmaligen Sachverhaltsklärung und Entscheidung zurückverwiesen.

Anmerkung der Autoren: In letzter Konsequenz konnte der frühere Oberbürgermeister im vorliegenden Fall einer Verurteilung vorerst nur deshalb entgehen, weil von der ersten Instanz (noch) keine lückenloseBeweiskette nachgewiesen wurde. Im Übrigen zeigt jedoch das vorliegende Urteil des BGH, dass eine unterlassene Ausschreibung mit drastischen Konsequenzen für die Entscheidungsträger verbunden sein kann, weil dem Grunde nach auch eine strafrechtliche Verurteilung wegen Untreue in Betracht kommt.

In Österreich ist die Untreue in § 153 Strafgesetzbuch geregelt. Nach diesem Straftatbestand ist zu bestrafen, wer seine Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch den anderen am Vermögen schädigt. Dafür ist zunächst eine Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten oder Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen vorgesehen.Wer jedoch durch die Tat einen EUR 5.000,00 übersteigenden Schaden herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren und wer einen EUR 300.000,00 übersteigenden Schaden herbeiführt, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen.Für eine strafbare Untreue nach diesem Straftatbestand ist bei vergaberechtlichen Sachverhalten zum einen ein wissentlicher Missbrauch einer Befugnis bei Entscheidungen über Auftragsvergaben im Namen eines öffentlichen Auftraggebers erforderlich; ein Täter handelt dann wissentlich, wenn er den Umstand oder Erfolg, für den das Gesetz Wissentlichkeit voraussetzt, nicht bloß für möglich hält, sondern sein Vorliegen oder Eintreten für gewiss hält (§ 5 Abs 3 StGB). Wenn daher der Entscheidungsträger eine Entscheidung zumindest vergaberechtlich für zulässig hält, weil beispielsweise dafür eine vertretbare Rechtsansicht in einem Rechtsgutachten vorliegt, schließt das Wissentlichkeit aus, sodass dann auch keine Untreue in Betracht kommt. Zum anderen muss durch den Befugnismissbrauch tatsächlich eine Schädigung am Vermögen eingetreten sein.

BGH vom 8.1.2020, 5 StR 366/19