Eine nachträgliche Änderung der Zuschlagskriterien im Verhandlungsverfahren ist gemäß § 105 Abs 5 BVergG zulässig, wenn die Ausschreibungsunterlagen eine entsprechende Festlegung enthalten. Jedoch gilt auch in diesem Fall, dass – um die Bietergleichbehandlung sowie die Verfahrenstransparenz zu gewährleisten – allfällige Änderungen vorab fixiert sein und allen Teilnehmer bekannt gegeben werden müssen, sowie die Beifügung oder Weglassung eines Zuschlagskriteriums generell unzulässig ist. Darüber hinaus ist auch die einmal fixierte Gewichtung grundsätzlich beizubehalten (grundlegend EuGH 24.11.2005, Rs C-331/04; weiterführend EuGH 24.1,2008, Rs C-532/06; EuGH 18.11.2010, Rs C-226/09); sehr wohl zulässig ist es aber, die Gewichtung erst mit Ablauf der Erstangebotsfrist bekannt zu geben (EuGH 14.7.2016, Rs C-6/15). Der EuGH hatte sich nun erneut mit der Frage der nachträglichen Änderung von Zuschlagskriterien auseinandersetzen.
Der vorliegenden Entscheidung des EuGH vorausgegangen war ein europaweites Verfahren zur „Externe[n] Bereitstellung von Dienstleistungen für das Programm- und Projektmanagement und technische Beratung im Bereich Informationstechnologien“ durch das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO). In den Ausschreibungsbestimmungen waren unter anderem fünf Zuschlagskriterien vorgesehen, wobei zwei dieser Kriterien auch Subkriterien aufwiesen. Die aufgrund der Bewertungsergebnisse drittgereihte Antragstellerin beantragte unter anderem die Nichtigerklärung des Verfahrens beim EuG; wobei sie insbesondere vorbrachte, dass die erfolgte nachträgliche Änderung der Gewichtung der Subkritierien sowie die Einführung eines neuen Zuschlagskriteriums einen Verstoß gegen den Grundsatz der Bietergleichbehandlung sowie den Transparenzgrundsatzes darstelle. Die EUIPO wandte sich an den EuGH als Rechtsmittelgericht um die ergangene Entscheidung des EuG zu überprüfen.
Der EuGH hielt hierzu unter Verweis auf seine bisherige Rechsprechung wie folgt fest: Grundsätzlich sei die Anwendung von Gewichtungsregeln oder Unterkriterien, welche den Bietern nicht vorab zur Kenntnis gebracht wurden unzulässig. Eine Änderung der Gewichtung für Unterkriterien nach Ablauf der Angebotsfrist kann aber dann zulässig sein, wenn diese im Wesentlichen jenen entsprechen, die den Bietern bereits bekannt sind. Darüber hinaus (i) dürfen die bekannt gegebenen Zuschlagskriterien nicht geändert werden und (ii) die Änderungen – wären sie bei Angebotserstellung bereits bekannt gewesen – nicht von Einfluss auf das Angebot gewesen sein; zusätzlich darf (iii) die Gewichtung nicht derart gewählt worden sein, dass sie zur Diskriminierung eines Bieters führt. Zur Frage, ob ein nachträglich hinzugefügtes Kriterium in die Angebotsbeurteilung miteinbezogen werden dürfe hielt der EuGH fest, dass „ein offensichtlicher Beurteilungsfehler in Bezug auf ein Zuschlagskriterium nicht die Nichtigerklärung einer Vergabeentscheidung [rechtfertige], wenn diese andere Gesichtspunkte enthält, die für sich genommen genügen, um sie rechtlich zu begründen.“ (vgl hierzu auch Rz 57 ff der Schlussanträge des Generalanwaltes)