Im vorliegenden Fall hatte der Verwaltungsgerichtshof über der Weitergabe von 98% des Auftrags an einen Subunternehmer zu entscheiden. Grundsätzlich ist die Weitergabe von Aufträgen durch den Auftragnehmer an einen Subunternehmer zulässig. Die gänzliche Weitergabe eines Auftrages ist aber gemäß § 98 Abs 1 BVergG 2018 unzulässig. Der vorliegende Sachverhalt hat sich noch auf § 83 Abs 1 BVergG 2006 bezogen. Allerdings enthält § 98 Abs 1 BVergG 2018 die wortgleiche Vorschrift, sodass diese Rechtsprechung auch für die aktuelle Rechtslage relevant ist.

Im konkreten Sachverhalt hat das Land Vorarlberg die Erbringung von Winterdienstleistungen ausgeschrieben. Einer der Bieter wurde mit der Begründung ausgeschieden, dass der von ihm nominierte Subunternehmer den „gesamten Auftrag“ im Sinne des § 83 Abs 1 BVergG 2006 erbringen würde. Die Bieterin selbst hätte lediglich die Geräte samt Wartung und Organisation übernommen. Die tatsächlichen Winterdienstleistungen wie etwa Räumungs- und Streuarbeiten, die einen Wert von 98% der wirtschaftlichen Gesamtleistung ausgemachen haben, sollte der nominierte Subunternehmer erbringen. Das Landesverwaltungsgericht Vorarlberg schloss sich der Ansicht der Auftraggeberin mit der Begründung an, dass wirtschaftlich betrachtet der Bieter bei einer derartigen Weitergabe lediglich einen nicht ins Gewicht fallenden Anteil erbringt. Der Verwaltungsgerichtshof beurteilte den Sachverhalt jedoch anders; weder der Wortlaut noch die Gesetzesmaterialien liefern einen Anhaltspunkt dafür, dass der „gesamte Auftrag“ weitergegeben wird, wenn die wirtschaftlich überwiegende Leistung weitergegeben werden soll. Bei der Leistung des Bieters darf es sich aber nicht um bloße Zuliefer- oder Hilfstätigkeiten an den Subunternehmer handeln, weil ansonsten eine Weitergabe des gesamten Auftrags vorliegen würde. Zur Abgrenzung, wann lediglich Hilfstätigkeiten vorliegen, verweist der Verwaltungsgerichtshof auf seine frühere Rechtsprechung vom 22.3.2019, Ro 2017/04/0022. Nach dieser Judikatur liegt eine Zuliefer- oder Hilfstätigkeit immer dann vor, wenn ein anderer Unternehmer den Auftragnehmer lediglich in die Lage versetzt, den Auftrag zu erbringen, wie beispielsweise bei der Vermietung von Maschinen und Geräten oder der Überlassung von Arbeitskräften. Im vorliegenden Fall entschied der Verwaltungsgerichtshof, dass bei der Weitergabe von 98% der wirtschaftlichen Gesamtleistung nicht der „gesamte Auftrag“ im Sinne des § 83 Abs 1 BVergG weitergegeben wird, wobei es immer auf eine Einzelfallbetrachtung und das konkrete Vertragsverhältnis ankommt. Im vorliegenden Sachverhalt wurde nämlich die geringe Leistung des Bieters als eigene Teilleistung ausgeschrieben, die damit gesondert nachgefragt wurde und auch gesondert auszupreisen war.

Anmerkungen der AutorInnen:

Mit dem vorliegenden Erkenntnis wird einmal mehr klargestellt, dass es vergaberechtlich keine quantitative Beschränkung für die Weitergabe von Leistungen an Subunternehmer gibt. Die einzige Beschränkung des Vergaberechts besteht darin, dass der Bieter selbst nicht ausschließlich Zuliefer- oder Hilfstätigkeiten für den ausgeschriebenen Auftrag erbringt und der Rest des Ausschreibungsgegenstandes durch Subunternehmer erbracht wird. Davon unberührt bleiben aber natürlich die Möglichkeiten des öffentlichen Auftraggebers gemäß § 98 Abs 4 BVergG, gewisse Leistungen in den Ausschreibungsunterlagen festzulegen, die vom Bieter selbst erbracht werden müssen und insofern nicht an Subunternehmer weitergegeben werden dürfen.

VwGH 25.01.2022, Ro 2018/04/0017-4