Im vorliegenden Revisionsverfahren hatte der VwGH zu beurteilen, ob ein Feststellungsantrag ohne vorangehenden Nichtigerklärungsantrag zulässig ist. Prinzipiell ist ein Feststellungantrag ein subsidiärer Rechtsbehelf zum Nichtigerklärungsantrag. Ein Feststellungsantrag ist daher insbesondere dann unzulässig, wenn der Rechtsverstoß im Rahmen eines Nichtigerklärungsverfahrens geltend gemacht werden hätte können. Feststellungsanträge werden deshalb in der Regel bei Direktvergaben gestellt, weil bei diesen der Antragsteller regelmäßig erst nach Beauftragung Kenntnis von der Vergabe erlangt und deshalb keine Möglichkeit hat, einen vorherigen Nichtigerklärungsantrag zu stellen.

Das LVwG Tirol hat aber dennoch bei einer Direktvergabe den Feststellungsantrag für unzulässig erklärt, weil kein Nachprüfungsantrag gestellt wurde. Begründet wurde das vom LVwG Tirol damit, dass der Revisionswerber noch vor der Vergabe Kenntnis von der geplanten Direktvergabe erlangt hätte; dies deshalb, weil nach der auf der Amtstafel des Auftraggebers angeschlagenen Tagesordnung eine Beschlussfassung über die Vergabe eines Auftrags vorgesehen war und der Revisionswerber den Auftraggeber unter Hinweis auf die Amtstafel noch vor der Beschlussfassung auf die Unzulässigkeit einer freihändigen Vergabe hingewiesen hatte.

Der VwGH hat die Entscheidung des LVwG Tirol jedoch aufgehoben. Der vom LVwG Tirol ins Treffen geführten Tagesordnungspunkt der Amtstafel („Beschlussfassung über die Vergabe der Bauleitung [für] Erweiterung Kinderkrippe u. Neubau Kindergarten“) lasse nämlich weder erkennen, dass über die Vergabe der Planung des Bauvorhabens entschieden werden sollte, noch enthält er Hinweise bezüglich des gewählten Vergabeverfahrens (Direktvergabe). Daraus konnte daher auch nicht geschlossen werden, dass der Revisionswerber noch vor der Direktvergabe Kenntnis von der beabsichtigten Direktvergabe der Planungsleistung erlangt hätte. Auch der Umstand, dass der Revisionswerber den Auftraggeber auf die Unzulässigkeit einer freihändigen Vergabe hingewiesen hat, begründet keine Kenntnis der beabsichtigten Direktvergabe, zumal in dem diesbezüglichen Schreiben an den Auftraggeber lediglich Vermutungen geäußert wurden und solche Vermutungen eben keine tatsächliche Kenntnis der Direktvergabe begründen.

VwGH 12.11.2021, Ra 2018/04/0099