Die revisionswerbende Partei hat als Auftraggeberin ein zweistufiges Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung zur Vergabe nicht prioritärer Dienstleistungen der Kategorie 25 des Anhangs IV BVergG 2006 nach dem Bestbieterprinzip ausgeschrieben. Konkret geht es um die Erbringung von Dienstleistungen betreffend die Familienbetreuung (Los 1), die Sozialpädagogische Kinder- und Jugendbetreuung (Los 2), die Familienhilfe (Los 3) sowie die Diagnostische Abklärung (Los 4) im Land Burgenland. Für jedes Los sollte eine Rahmenvereinbarung mit einer Laufzeit von drei Jahren mit den jeweils fünf bestgereihten Bietern abgeschlossen werden.

Am 24.11.2017 teilte die Auftraggeberin die Entscheidung mit, mit welchen Bietern die Rahmenvereinbarungen jeweils abgeschlossen werden sollen. Mit Nachprüfungsantrag vom 4.12.2017 begehrte die im Verfahren an sechster (Los 1), vierter (Los 2) und fünfter (Los 3) Stelle gereihte erstmitbeteiligte Partei die Nichtigerklärung dieser Entscheidungen. Mit dem angefochtenen Erkenntnis erklärte das Landesverwaltungsgericht Burgenland diese Entscheidung der Auftraggeberin für die Lose 1 bis 3 für nichtig; die ordentliche Revision wurde gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zugelassen. In der Begründung hielt das Verwaltungsgericht zusammenfassend fest, dass die Bewertung des Angebots beim Zuschlagskriterium „Konzept und Hearing“ weder für den Bieter noch für die Nachprüfungsbehörde eine objektive nachvollziehbare Grundlage darstelle. So habe die erstmitbeteiligte Partei zwar einen den formellen Kriterien entsprechenden Nachprüfungsantrag einbringen können, allerdings sei dieser weitgehend unsubstantiiert geblieben, was nicht zuletzt auf die vage gehaltene verbale Bewertung zurückzuführen sei. Auch wenn die Anforderungen an die Begründungspflicht nicht überspannt werden dürften, handle es sich – so das Verwaltungsgericht – um eine sehr komplexe und für das Land Burgenland wichtige Auswahlentscheidung. So sei den Bietern auch die Ausarbeitung eines Konzepts abverlangt worden, das „sich an aktuell üblichen geistes- bzw sozialwissenschaftlich fundierten Kriterien, an Methoden der Sozialen Arbeit wie Empowerment, Netzwerkansatz, Lebensweltorientierung sowie pädagogischen Grundsätzen zu orientieren“ habe. Es könne daher keinesfalls von einem Überspannen der Begründungspflicht gesprochen werden, wenn eine ordnungsgemäß dokumentierte, fachlich begründete, klare Bewertung, aus der die tragenden Tatsachenumstände verständlich und objektiv nachvollziehbar hervorgingen, verlangt werde. Die Auswahlentscheidung sei vergaberechtlich somit ungenügend begründet und daher bereits aus diesem Grund für nichtig zu erklären. Darüber hinaus werde nicht nur die in der Auswahlentscheidung enthaltene Begründung den näher dargestellten Anforderungen nicht gerecht. Es fänden sich auch weder im Kommissionsbeschluss über die Bewertung vom 13.10.2017 noch in den einzelnen Prüfprotokollen vom 16.10.2017 hinsichtlich der Bewertung des Zuschlagskriteriums „Konzept und Hearing“ nähere verbale Spezifikationen zu den erreichten Punkten. Die verbale Bewertung im Beschluss der Kommission, in den einzelnen Prüfprotokollen und in der Bekanntgabe der „Auswahlentscheidung“ seien ident.

Die Auftraggeberin bekämpfte diese für sie negative Entscheidung des Landesverwaltungsgerichts Burgenland mit einer außerordentlichen Revision beim Verwaltungsgerichtshof. Dabei führte die Auftraggeberin ins Treffen, der Maßstab an die Begründungspflicht werde auf nicht gerechtfertigte Weise überspannt. Ferner vermische das Landesverwaltungsgericht Fragen der Begründungstiefe mit Fragen der materiellen Richtigkeit. Die Auftraggeberin verweist dabei auf einen Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 9.4.2013, 2011/04/0224; 21.1.2014, 2011/04/0133, mwN). Der Verwaltungsgerichtshof ist dieser Argumentation der Auftraggeberin nicht gefolgt und hat am 15.10.2021 die außerordentliche Revision mangels Vorliegens einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung für unzulässig erklärt. Eine Zuschlagsentscheidung ist nämlich dann objektiv mit Rechtswidrigkeit belastet, wenn sie nicht jene Begründungstiefe aufweist, die ein Bieter zur Erbringung eines berechtigten Nachprüfungsantrages benötigt. Es komme daher darauf an, ob ein Bieter ohne Kenntnis zusätzlicher, detaillierter Begründungselemente im Stande ist, einen begründeten Nachprüfungsantrag zu stellen. Dies war nach Ansicht sowohl des Landesverwaltungsgerichts als auch des Verwaltungsgerichtshofs mangels objektiv nachvollziehbarer Grundlage nicht möglich. Zudem führte der Verwaltungsgerichtshof aus, dass die Relation zwischen der Anzahl der zu vergebenden Punkte und dem Erfüllungsgrad der betreffenden Sub- und Sub-Subkriterien nicht ausreichend definiert sei. Zusätzlich habe das Landesverwaltungsgericht nicht die materielle Richtigkeit der Auswahlentscheidung überprüft, sondern nur eine fehlende nachvollziehbare Begründung festgestellt. Aufgrund dessen weicht die Begründung des Erkenntnisses nicht von der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs ab und stellt somit keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dar. Im Ergebnis hat also das Landesverwaltungsgericht seine Entscheidung im Rahmen der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs getroffen.

Anmerkungen der AutorInnen:

Das vorliegende Erkenntnis zeigt einmal mehr, wie wichtig im Vergaberecht die Berücksichtigung verfahrensrechtlicher Vorgaben bei Bewertung von Angeboten im Rahmen der Bestbieterermittlung ist. Dabei haben öffentliche Auftraggeber aufgrund der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs umfassende Gestaltungsmöglichkeiten, die bereits bei Verfassen der Ausschreibungsunterlagen im Interesse einer rechtssicheren Auftragsvergabe genutzt werden müssen; dies gilt insbesondere dann, wenn eine mehrpersonelle Bewertungskommission für die Bestbieterermittlung eingesetzt wird. Darüber hinaus müssen – wie der Verwaltungsgerichtshof ausgeführt hat – insbesondere die entscheidungsrelevanten Umstände der Bestbieterermittlung transparent und objektiv nachvollziehbar im Vergabeakt dokumentiert werden. Bei Berücksichtigung dieser vergaberechtlichen Vorgaben können auch subjektive Bewertungselemente bei der Bestbieterermittlung rechtssicher verwendet werden.

VwGH 15.10.2021, Ra 2018/04/0097