Im vorliegenden Fall hatte der VwGH die Fragestellung zu beurteilen, ob – anders als es bisher der Fall war – die Bestellung eines Tabaktrafikanten als Dienstleistungskonzession zu qualifizieren ist und somit eine Ausschreibungspflicht nach dem BVergGKonz 2018 besteht. In Österreich bildet das Tabakmonopolgesetz 1996 (TabMG) die Grundlage für die Verwaltung von Tabakerzeugnissen, die der eigens dafür geschaffenen Monopolverwaltung GmbH (MVG) obliegt. Der Bund hält 100% an der MVG und wird vom Bundesministerium für Finanzen verwaltet. Die MVG verfolgt mit ihrer verwaltenden Tätigkeit gesundheits-, sozial- und fiskalpolitische Zielsetzungen. Dazu zählt insbesondere die Bestellung einer bestimmten Zahl von Tabaktrafikanten, welche die Nahversorgung mit Tabakerzeugnissen sicherstellen sollen.
Die Rechtsprechung des BVwG war in der Vergangenheit uneinheitlich in der Beantwortung der Frage, ob bei Bestellung eines Trafikanten eine ausschreibungspflichtige Dienstleistungskonzession im Sinne des Vergaberechts vorliegt. Zunächst hat das BVwG in seinen Urteilen (BVwG 7.8.2019, W187 2219311-1/25E und BVwG 12.6.2020, W120 2229586-1/14E) die Ansicht vertreten, dass keine Vergabe einer Dienstleistungskonzession vorliegt. Zuletzt ist das BVwG von dieser Rechtsprechung abgewichen und hat das Vorliegen einer Dienstleistungskonzession im Sinne des § 6 BVergGKonz 2018 bejaht (BVwG 18.11.2019, W134 2222370-2/40E). Ähnliche Argumente wie auch in dieser abweichenden Entscheidung des BVwG haben nunmehr auch den VwGH im vorliegenden Erkenntnis zum Schluss kommen lassen, dass die Vergabe bzw Bestellung von Tabaktrafikanten als Dienstleistungskonzessionen zu qualifizieren und somit das BVergGKonz 2018 anzuwenden ist; eine gegen Entgelt erbrachte selbständige Tätigkeit wie der Verkauf von Tabakerzeugnissen falle demnach unter die Konzessionstätigkeit im Sinne der KonzessionsRL. Eine Dienstleistungskonzession liege vor, weil der Trafikant das Recht auf den Verkauf von Tabakerzeugnissen erhält und dabei das (wirtschaftliche) Betriebsrisiko auf den Konzessionär (Trafikanten) übergeht. Auch wenn ein gewisser Gebietsschutz gesetzlich verankert ist, stelle dieser keine Sicherheit dar, dass Investitionen oder Kosten für die Erbringung der Dienstleistung wiedererwirtschaftet werden können, weshalb ein gewisses Betriebsrisiko vorliege.
Nach diesem Erkenntnis des VwGH erfüllt der vorliegende Sachverhalt auch nicht den Ausnahmetatbestand der KonzessionsRL, der keine Ausschreibungspflicht begründet, wenn Genehmigungen oder Lizenzen durch den Mitgliedstaat oder eine seiner Behörden für die Ausübung einer Wirtschaftstätigkeit erteilt werden (siehe Erwägungsgrund 14 der Richtlinie). Bei Vorliegen eines solchen Ausnahmetatbestandes besteht keine Ausschreibungspflicht im Sinne des Vergaberechts. Üblicherweise werden diese Genehmigungen oder Lizenzen auf Antrag des Wirtschaftsteilnehmers und nicht vom öffentlichen Auftraggeber erteilt; dabei hat der Wirtschaftsteilnehmer das Recht, sich von der Erbringung von Bau- oder Dienstleistungen zurückzuziehen. Entscheidend dabei ist, dass dieses Recht bei einer Konzession nicht besteht. Anders als bei einer bloßen Bewilligung sind Trafikanten verpflichtet, ihre Tätigkeit bei sonstigem Verlust der Konzession persönlich und bestmöglich auszuüben. Zudem bestehe hier ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse der MVG an der Ausübung der Dienstleistung durch die Trafikanten und zwar in Form des von den Trafikanten zu zahlenden Entgelts. Im Ergebnis besteht also bei Bestellung von Trafikanten ein synallagmatisches Vertragsverhältnis im Sinne des Vergaberechts. Daher liegt keine vom Anwendungsbereich des BVergGKonz 2018 ausgenommene Genehmigung oder Lizenz vor, weshalb die Bestellung von Trafikanten im Sinne des TabMG eine ausschreibungspflichtige Dienstleistungskonzession ist.
Anmerkungen der AutorInnen
Ursprünglich war die Vergabe von Tabaktrafiken als Versorgung für Kriegsversehrte gedacht, weshalb auch in § 29 TabMG Vorzugsrechte bei der Vergabe von Tabaktrafiken unter anderem an begünstigte Behinderte verankert sind, die gegenwärtig natürlich nicht mehr primär auf Kriegsversehrte abstellen. Die sozialpolitische Zielsetzung zur Begünstigung von Behinderten bei der Vergabe von Tabaktrafiken wird durch die gesetzliche Möglichkeit der Weitervererbung – an eben nicht dieselben – untergraben, weshalb derzeit etwa nur mehr ein Drittel der Trafiken von begünstigten Behinderten geführt werden. Die Berücksichtigung dieser Zielsetzung wird – anders als bei einer schlichten Weitervererbung – unseres Erachtens auch bei Anwendung des BVergGKonz 2018 deutlich besser möglich sein. In den Ausschreibungsunterlagen können nämlich vergaberechtskonforme Festlegungen im Interesse von behinderten Personen aufgenommen werden. Das führt neben einer transparenten Konzessionsvergabe auch zu dem positiven Effekt, dass die Zahl der Tabaktrafiken, die tatsächlich von Menschen mit einer Behinderung geführt werden, entsprechend erhöht wird.