Die Flughafen Wien AG leitete im August 2020 als Sektorenauftraggeberin ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Oberschwellenbereich zum Abschluss einer Rahmenvereinbarung über die Lieferung diverser Hygieneartikel ein. Die Auftragsvergabe sollte nach dem Bestbieterprinzip erfolgen. Am 12.8.2020 wurden die Teilnahmeunterlagen der ersten Stufe mit einem Nachprüfungsantrag beim Bundesverwaltungsgericht bekämpft. Dabei brachte die Antragstellerin im Wesentlichen vor, sie wäre durch diskriminierende und rechtswidrige Bestimmungen an der Teilnahme am Vergabeverfahren gehindert. Im Konkreten brachte die Antragstellerin vor, die Bewertung der in den Teilnahmeunterlagen festgelegten Zuschlagskriterien durch eine Bewertungskommission ohne Nennung der Parameter und Charakteristika, die zur Beurteilung herangezogen werden, würde dem Vergaberecht widersprechen. Diese kommissionelle Bewertung sollte anhand von Bewertungsaspekten betreffend „Benutzerfreundlichkeit“, „Servicierbarkeit“, „Design“, „Haptik“ und „etc“ erfolgen. Nach Ansicht der Antragstellerin waren diese Begriffe zu unbestimmt. Die Zuschlagsentscheidung hänge damit ausschließlich von der kommissionellen Bewertung und damit von der subjektiven Entscheidung der Auftraggeberin ab, die sich dazu nicht objektivierbarer Parameter bedient.

Im Nachprüfungsverfahren wendete die Auftraggeberin im Wesentlichen ein, aufgrund der geringen Gewichtung von lediglich 15% wäre es nach den Vorgaben des Vergaberechts zulässig, auch subjektive Kriterien in die Angebotsbewertung einfließen zu lassen. Ferner wären die Zuschlagskriterien in der ersten Stufe des Verhandlungsverfahrens für die Antragstellerin irrelevant und die Auftraggeberin hätte ohnehin die Möglichkeit, die Zuschlagskriterien im Laufe des Verfahrens noch zu konkretisieren. Dies ergäbe sich aus dem Urteil des EuGH vom 14.07.2016, C-6/15, TNS Dimarso.

Das zuständige Bundesverwaltungsgericht verwies im vorliegenden Erkenntnis vom 16.9.2020 W237 2233950-2, zunächst auf § 281 Abs 1 BVergG. Demnach müssen die Ausschreibungsunterlagen so hinreichend konkret sein, dass ein Unternehmer entscheiden kann, ob er einen Teilnahmeantrag abgibt oder nicht. Zudem dürfen die in den Ausschreibungsunterlagen festgelegten Mindestanforderungen und Zuschlagskriterien während des Verhandlungsverfahrens nicht mehr geändert oder verhandelt werden. Auch eine bereits festgelegte Gewichtung muss beibehalten werden. Aus dem bereits angeführten Urteil des EuGH ergibt sich jedoch, dass die spätere Festlegung der Gewichtung von bereits bekanntgegebenen Zuschlagskriterien zulässig ist und insofern nicht dem Vergaberecht widerspricht. Davon abzugrenzen ist jedoch die von der Auftraggeberin herangezogene Bewertungsmethode. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Auftraggeber nicht verpflichtet, den potenziellen Bietern in den Ausschreibungsunterlagen die konkrete Bewertungsmethode bekanntzugeben, solange dies nicht zu einer Veränderung der Zuschlagskriterien oder ihrer Gewichtung führt. Der erkennende Senat des Bundesverwaltungsgerichts geht allerdings davon aus, dass es sich bei der Festlegung „kommissionelle Bewertung (Design, Haptik, Benutzerfreundlichkeit, Servicierbarkeit, etc)“ um ein Kriterium handelt, nach dem das technisch und wirtschaftlich günstigste Angebot ermittelt werden soll und somit ein Zuschlagskriterium ist. Diese Zuschlagskriterien dürfen jedoch – wie bereits ausgeführt wurde – nicht verändert und verhandelt werden. Weiters ergibt sich aus der Definition des Begriffes „Zuschlagskriterium“ gemäß § 2 Z 22 litera d sublitera aa BVergG 2018, dass diese dem Auftraggeber keinen uneingeschränkten Ermessensspielraum einräumen dürfen und zudem mit einer Spezifikation einhergehen müssen, die eine Überprüfung der von den Bietern übermittelten Informationen gestattet, damit bewertet werden kann, wie gut die Angebote die Zuschlagskriterien erfüllen.

Wie bereits ausgeführt wurde, sind in den Teilnahmeunterlagen unter dem Kriterium „kommissionelle Bewertung“ folgende Begriffe aufgezählt: „Design“, „Haptik“, „Benutzerfreundlichkeit“, „Serviecierbarkeit“ und „etc“. Dabei ist die Verwendung von „etc“ dahingehend zu verstehen, dass die Kommission weitere, nicht genannte Parameter bei ihrer Entscheidung berücksichtigen kann. Daraus ergibt sich jedoch eine Ungewissheit der Bieter, die nicht nachvollziehen können, welche Kriterien die Auftraggeberin heranzieht, um die Angebote miteinander zu vergleichen. Die Auftraggeberin hätte somit die Möglichkeit, nicht bekannt gemachte und somit nicht überprüfbare Parameter in ihrer Bewertung zu berücksichtigen. Vor diesem Hintergrund widerspricht das Kriterium „kommissionelle Bewertung“ dem Vergaberecht, weil eine objektive Ermittlung des technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebotes nicht gewährleistet ist. Aufgrund dieser Argumente hat das Bundesverwaltungsgericht dem Nachprüfungsantrag stattgegeben und die Teilnahmeunterlagen für nichtig erklärt.

Anmerkung der AutorInnen:

Das vorliegende Erkenntnis zeigt einmal mehr, dass bei Festlegung der Zuschlagskriterien jedenfalls die Konkretisierungspflichten des Vergaberechts zu berücksichtigen sind. Die Berücksichtigung von nicht abschließend genannten Bewertungsaspekten bei Ermittlung des technisch und wirtschaftlich günstigsten Angebots ist vergaberechtlich jedenfalls unzulässig. Das Verwenden von Begriffen wie etwa „etc“, „insbesondere“, „beispielsweise“ oder von ähnlichen Formulierungen ist – vor allem nach dem vorliegenden Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts – vergaberechtlich problematisch. Demgegenüber ist aber anzumerken, dass die Berücksichtigung von subjektiven, in den Ausschreibungsunterlagen ausdrücklich genannten Zuschlagskriterien natürlich auch weiterhin zulässig ist. Die insbesondere durch die Rechtsprechung des EuGH in diesem Zusammenhang vorgegebenen Leitlinien sind auch weiterhin vollinhaltlich in Geltung (siehe EuGH 14.7.2016, C-6/15).

BVwG 16.09.2020 W273 2233950-2