Der Verwaltungsgerichtshof hatte zu entscheiden, ob eine nachträgliche Preisanpassung während der Vertragslaufzeit ohne abschließend konkrete Festlegung in den Ausschreibungsunterlagen – beispielsweise nach dem Verbraucherpreisindex – als wesentliche Vertragsänderung zu qualifizieren ist. Bei einer wesentlichen Vertragsänderung wäre aufgrund der nachträglich vereinbarten Preisanpassung nach den zwingenden Vorgaben des Vergaberechts eine unzulässige Direktvergabe vorgelegen, die eine neuerliche Ausschreibungspflicht begründet hätte.
Im Konkreten ging es um ein offenes Verfahren zur Lieferung von Schulmahlzeiten für Schülerinnen und Schüler in städtischen Pflichtschulen der Stadt Salzburg. Die Zuschlagserteilung erfolgte mit einem Portionspreis von EUR 2,70 brutto, wobei der Preis laut Vertragsbestimmungen als Festpreis für die ersten drei Jahre ab Vertragsbeginn im Jahr 2007 vereinbart wurde. Nach Ablauf dieser Zeit konnten die Preise pro Portion nur in gegenseitigem Einvernehmen geändert werden. Erstmals im Jahr 2010 haben Auftraggeber und Auftragnehmer eine Preisanpassung nach dem Verbraucherpreisindex vereinbart; ab 2012 ist dann der Preis jährlich nach diesem Index angehoben worden.
Eine Bieterin im seinerzeitigen Vergabeverfahren und die nunmehrige Revisionswerberin hat zunächst beim Landesverwaltungsgericht Salzburg einen Feststellungsantrag eingebracht. Dabei wurde geltend gemacht, dass diese nachträgliche Preisanpassung eine wesentliche Vertragsänderung ist, weil in den seinerzeitigen Ausschreibungsunterlagen keine konkreten Preisanpassungsmechanismen vorgesehen gewesen wären. Das Landesverwaltungsgericht Salzburg hat mit Erkenntnis vom 4.8.2017 diesen Feststellungsantrag abgewiesen. Das Landesverwaltungsgericht begründete diese Entscheidung im Wesentlichen mit den bestandfest gewordenen Ausschreibungsunterlagen, in denen festgelegt sei, dass nach Ablauf von drei Jahren der Angebotspreis angepasst werden könne. Dass man davon in Form der Preisanpassung in Anlehnung an den Verbraucherpreisindex Gebrauch gemacht habe, sei „jedenfalls handelsüblich, marktüblich und keinesfalls überzogen oder unterhalb einer notwendigen Preisanpassung“.
Der VwGH hat sich in der Begründung seines Erkenntnisses zunächst auf die Rechtsprechung des EuGH berufen, die insbesondere im Urteil vom 7.9.2016, C-549/14 (Finn Frogne), zusammengefasst ist. Aus dieser Rechtsprechung hat der VwGH für den vorliegenden Fall abgeleitet, dass es auf die Wettbewerbsrelevanz der nachträglichen Vertragsänderung ankommt. Demnach ist für die Annahme einer wesentlichen Vertragsänderung entscheidend, ob die Änderung den Wettbewerb zwischen potenziellen Interessenten verfälscht hat und den Auftragnehmer gegenüber anderen Unternehmern bevorzugen könnte (VwGH 8.8.2018, Ra 2015/04/0013). Ausgehend davon hat der VwGH erkannt, dass eine Preisanpassung, die der allgemeinen Preisentwicklung entspricht und der Wertsicherung diene, nicht als Wettbewerbsverfälschung oder Bevorzugung des Auftragnehmers zu qualifizieren ist. Daher liegt nach Ansicht des VwGH im vorliegenden Fall nur eine unwesentliche Änderung der Vertragsbestimmungen vor, bei der es auch nicht auf die vom EuGH geforderte Bestimmtheit und Transparenz ankommt. Da aber das Landesverwaltungsgericht Salzburg im vorangegangenen Verfahren keine Feststellungen zum tatsächlichen Ausmaß der vorgenommenen Preisanpassung getroffen hat, wurde das erstinstanzliche Erkenntnis vom VwGH dennoch aufgehoben. Dem VwGH war es daher nicht möglich, das angefochtene Erkenntnis hinsichtlich der Annahme zu überprüfen, ob die vorgenommene Preisanpassung tatsächlich entsprechend dem Verbraucherpreisindex erfolgte und somit als nicht wesentliche Änderung qualifiziert werden kann. Folglich hat das Landesverwaltungsgericht Salzburg diese fehlenden Feststellungen im fortzusetzenden Feststellungsverfahren nachzuholen und darauf aufbauend eine neuerliche Entscheidung zu treffen.
Anmerkung der Autoren: Auf den vorliegenden Fall hatte der VwGH die Rechtslage vor dem BVergG 2018 anzuwenden. Daher hat sich der VwGH in seiner Begründung nur auf die Rechtsprechung des EuGH bezogen, weil es im seinerzeitigen BVergG 2006 keine mit § 365 BVergG 2018 vergleichbare Vorschrift gegeben hat. Von großem Interesse ist, ob der VwGH die vorliegende Entscheidung in derselben Weise getroffen hätte, wenn auf den Sachverhalt das BVergG 2018 anzuwenden gewesen wäre. Unabhängig davon ist aber das vorliegende Erkenntnis jedenfalls insofern bemerkenswert und wohl auch überraschend, als eine nachträgliche Preisanpassung keine wesentliche Vertragsänderung ist. In der Praxis des Vergaberechts ist die Frage, nach welchem konkreten Index eine Preisanpassung vorgenommen wird, eigentlich immer von erheblicher Bedeutung. Dies gilt insbesondere deshalb, weil es die unterschiedlichsten Indices gibt, die für eine Preisanpassung in Betracht kommen. Da diese Indices durchaus unterschiedliche Preissteigerungen vorsehen, ist es natürlich von erheblicher Bedeutung, welche Index im Konkreten angewandt wird. Letztlich sollte nach Ansicht der Autoren das vorliegende Urteil nicht als Anregung dienen, in längerfristigen Verträgen auf eine ausdrückliche und abschließend klare Preisanpassung auf Basis eines bestimmten Index zu verzichten. Wäre nämlich im vorliegenden Fall nachträglich nicht der Verbraucherpreisindex, sondern ein anderer Index vereinbart worden, kann nicht ausgeschlossen werden, dass der VwGH eine anderslautende Entscheidung getroffen hätte.