Am 11.12.2019 wurde der EU-Green-Deal vorgestellt. Auf EU-Ebene soll daher der Fokus vermehrt auf Nachhaltigkeit gesetzt werden, was auch Auswirkungen auf die öffentliche Auftragsvergabe haben wird. Die EU-Kommission hat am 11.3.2020 einen neuen Aktionsplan über eine verbesserte Kreislaufwirtschaft für eine klimaneutrale und wettbewerbsfähige Wirtschaft veröffentlicht. Der Aktionsplan enthält konkrete Vorhaben, die unter anderem auch einer Verbesserung der Nachhaltigkeit bei öffentlichen Auftragsvergaben dienen sollen, um gleichzeitig den Klimazielen gerecht zu werden und laufende Kosten zu reduzieren.
Unter der Überschrift „Empowering consumers and public buyers“ spricht sich die EU-Kommission dafür aus, Mindestkriterien für eine ökologische und nachhaltige öffentliche Beschaffung sowie ein verpflichtendes Überwachungssystem dieser Mindestkriterien zu schaffen. Es sollen dabei aber keine weiteren Hürden für die Bieter geschaffen werden. Die Umsetzung soll durch eine neue EU-Richtlinie erfolgen, welche die jeweiligen Mitgliedstaaten umzusetzen hätten.
Unter der Überschrift „Construction and buildings“ will die Kommission eine umfassende Strategie für nachhaltig errichtete Gebäude und Anlagen schaffen. Dabei sollen bestehende und neu zu verarbeitende Ressourcen bestmöglich genutzt und wiederverwertet werden. Als konkreten Vorschlag nennt die Kommission bei öffentlichen Auftragsvergaben die Berücksichtigung von Lebenszyklusanalysen mittels Levels. Dabei stellen Levels einen Bewertungsrahmen für Umweltleistungen von Gebäuden dar und soll mit Sommer 2020 gestartet werden, um die effiziente und nachhaltige Resourcennutzung bei Bauaufträgen zu zertifizieren und sicherzustellen.
Unter der Überschrift „Circularity as a prerequisite for climate neutrality“ sollen weitere Nachhaltigkeitskriterien wie die Speicherung, Reduktion und Absorption von Kohlenstoffdioxid ebenfalls bei öffentlichen Auftragsvergaben berücksichtigt werden. An einer dafür vorgesehenen Zertifizierung wird noch gearbeitet. Dieses Ziel findet sich im Aktionsplan unter der Überschrift „Crosscutting actions“, weshalb die Möglichkeit besteht, dass diese Zertifizierung auch in zukünftigen Ausschreibungen von Relevanz sein könnte.
Wie zuletzt schon in unserem Blog-Beitrag über das Regierungsprogramm 2020-2024 ausgeführt wurde, wird eine nachhaltige öffentliche Auftragsvergabe schon jetzt auch auf nationaler Ebene von immer größerer Bedeutung. Geplant sind unter anderem, ähnlich wie es die EU-Kommission im zeitlich später erschienenen Aktionsplan zum Ausdruck gebracht hat, die Lebenszykluskosten als Grundlage des Beschaffungsvorgangs sowie die Berücksichtigung des Umwelt- und Gesundheitsvorteils heranzuziehen. Aktuell hat auch die österreichische Bundesregierung am 13.5.2020 mit der Verkündung, EUR 2,4 Mrd in den Aus- und Neubau von Schulen bis 2030 zu investieren, gezeigt, dass ökologische und nachhaltige Auftragsvergaben auch im Hinblick auf die nächsten Jahre einen immer größeren Stellenwert einnehmen werden. Ein weiteres Investitionspaket in Höhe von EUR 300 Mio für den öffentlichen Verkehr wurde am 22.5.2020 von der österreichischen Bundesregierung verkündet, bei dem es vermehrt um den Ausbau und die Angebotserweiterung von regionalem Bahnverkehr geht. Am 23.5.2020 wurde zudem eine Förderung für Gewässerökologie in Höhe von EUR 200 Mio von der österreichischen Bundesregierung bekanntgegeben, die weitere Investitionen in Höhe von EUR 540 Mio auslösen und die Sanierung zahlreicher heimischen Flüsse vorantreiben soll.
Anmerkung der Autoren: In Zukunft werden bei der öffentlichen Auftragsvergabe verpflichtende Vorschriften für ökologische und nationale Mindeststandards zu berücksichtigen sein. Unabhängig von solchen gesetzlichen Vorschriften, deren Einführung wohl noch längere Zeit in Anspruch nehmen wird, haben aber öffentliche Auftraggeber bereits jetzt die Möglichkeit, insbesondere durch entsprechende Eignungs-, Auswahl- und Zuschlagskriterien eine nachhaltige Auftragsvergabe sicherzustellen. In vielen Bereichen erscheint die Berücksichtigung solcher Kriterien auch in beschaffungstechnischer Hinsicht sehr zweckmäßig, sodass nach Möglichkeiten bereits jetzt bei aktuellen Vergabeverfahren eine entsprechende Nachhaltigkeit gewährleistet werden sollte.
Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft
Pressemitteilung der EU-Komission zum Aktionsplan für Kreislaufwirtschaft