Wegen einer Direktvergabe hat die Kommission der Europäischen Union beschlossen, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich vor dem EuGH einzuleiten. Die Stadt Wien hat den Auftrag für den Bau eines Bürogebäudes ohne vorherige Ausschreibung vergeben und dadurch – nach Auffassung der Kommission – gegen die EU-Vergaberichtlinien verstoßen. Die Kommission vertritt die Ansicht, dass es sich bei diesem Auftrag um einen gemischten Gesamtvertrag handelt, der aus einem Bauauftrag einerseits und einem Mietvertrag anderseits besteht; insgesamt soll dieser öffentliche Auftrag überwiegend auf die Errichtung eines Gebäudes gerichtet sein. Daher hätte die Stadt Wien eine öffentliche Ausschreibung nach den Vorgaben des BVergG durchführen müssen. Folglich lehnt die Kommission die Ansicht ab, den Gesamtvertrag als reinen Mietvertrag zu qualifizieren, der nicht ausschreibungspflichtig wäre. Wesentlich für diese Beurteilung ist nach Ansicht der Kommission, dass die Entscheidung über die Vermietung des Gebäudes bereits vor der Errichtung getroffen wurde und die Stadt Wien erheblichen Einfluss auf die technischen Anforderungen des zu errichtenden Gebäudes hatte.

Das Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich wurde im Juli 2016 durch die Übermittlung eines Aufforderungsschreibens durch die Kommission eingeleitet. Anschließend wurde eine mit Gründen versehene Stellungnahme übermittelt, in der Österreich zur Einhaltung der Vorschriften der Europäischen Union aufgefordert wurde. Da von österreichischer Seite keine geeigneten Gegenmaßnahmen ergriffen wurden und das Gebäude weiterhin ohne öffentliches Vergabeverfahren vermietet wird, hat die Kommission beschlossen, den Fall vor den EuGH zu bringen.

Auf dieses Vertragsverletzungsverfahren ist zwar noch die alte Richtlinie 2004/18/EG über die Durchführung von Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bau-, Liefer- und Dienstleistungsverträgen, die durch die aktuelle Vergabe-Richtlinie 2014/24 ersetzt und am 18.8.2018 mit dem neuen BVergG 2018 in der österreichischen Rechtsordnung umgesetzt wurde, anzuwenden. Aus dem künftigen Urteil des EuGH können sich aber dennoch wichtige Auslegungsrichtlinien auch für die aktuelle Rechtslage ergeben.

Pressemitteilung der EU-Kommission