Die EU-Vergabevorschriften tragen zum bestmöglichen Einsatz von Steuergeldern bei, weil sie sicherstellen, dass öffentliche Aufträge im Rahmen transparenter, nicht diskriminierender und wettbewerblicher Beschaffungsverfahren vergeben werden. Der Binnenmarkt für öffentliche Aufträge macht einen erheblichen Teil der EU-Wirtschaft aus, sein Wert wird auf EUR 2,0 Billionen pro Jahr eingeschätzt. Die Märkte werden immer stärker global ausgerichtet und daher müssen öffentlichen Auftraggeber der EU über die richtigen Instrumente und Kenntnisse verfügen, wenn sie sich mit Bietern aus Drittländern befassen. Im März 2019 nahmen die Kommission und die Hohe Vertreterin für Außen- und Sicherheitspolitik eine Gemeinsame Mitteilung mit dem Titel „EU-China – Strategische Perspektiven“ an, in der eine neue strategische Sichtweise der Beziehungen zwischen der EU und China dargelegt und festgestellt wurde, dass die Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Partnern stärker von Ausgewogenheit und Gegenseitigkeit geprägt sein müssen. Aus diesem Grund wurde ein Maßnahmenpaket vorgeschlagen, das die Beseitigung der Hindernisse für gleiche Wettbewerbsbedingungen für EU-Unternehmen und Drittländerunternehmen bezweckt. Darüber hinaus fordert die Kommission das Europäische Parlament und die Mitgliedstaaten auf, das Instrument betreffend das öffentliche Beschaffungswesen bis Ende 2019 anzunehmen, um den Grundsatz der Gegenseitigkeit zu fördern und Chancen für EU-Unternehmen auf den Beschaffungsmärkten von Drittländern zu eröffnen. Vor diesem Hintergrund wurden die Leitlinien zur Teilnahme von Bietern aus Drittländern am Beschaffungsmarkt der Europäischen Union am 24.7.2019 veröffentlicht.
Vizepräsidentin Jyrki Katanien, zuständig für Arbeitsplätze, Wachstum, Investitionen und Wettbewerbsfähigkeit, erklärte hierzu: „Durch Offenheit und Wettbewerb bei Ausschreibungen der öffentlichen Hand können für das Geld der Steuerzahler mehr Nutzen und qualitativ hochwertige öffentliche Dienste erzielt werden. Die öffentlichen Auftraggeber müssen informierte Entscheidungen treffen, wobei sie sich am wohlverstandenen Interesse der EU-Bürgerinnen und EU-Bürger ausrichten und sämtliche verfügbaren Instrumente heranziehen sollten, um unsere europäischen Standards zu wahren. Und als Gegenleistung für unsere Offenheit muss es EU-Unternehmern umgekehrt gestattet sein, für öffentliche Aufträge außerhalb der EU zu bieten.“
Die für Binnenmarkt, Industrie, Unternehmertum und KMU zuständige Kommissarin Elzbieta Bienkowska fügte hinzu: „Alle Bieter – europäische oder ausländische – müssen sich an dieselben Regeln halten. Die öffentlichen Auftraggeber können den im Rechtsrahmen gebotenen Spielraum nutzen, um hohe sozial- und umweltrechtliche sowie sonstige Qualitätsstandards für alle Bieter ungeachtet deren Herkunft festzulegen und durchzusetzen. Dies führt zu einer ausgewogenen Situation zwischen den Bietern.“
Hauptsächlich werden vier Fragestellungen in den Leitlinien behandelt:
1. Zugang für ausländische Bieter
Zwischen EU-Unternehmen und Nicht-EU-Unternehmen wird in den EU-Vorschriften grundsätzlich nicht unterschieden. In den Leitlinien wird jedoch klargestellt, dass Nicht-EU-Unternehmen nur dann garantierten Zugang zum EU-Beschaffungsmarkt haben, wenn das betroffene Land mit der Europäischen Union verbindliche internationale Übereinkommen oder bilaterale Freihandelsabkommen, die sich auf die öffentliche Beschaffung erstrecken, abgeschlossen hat. Andere Drittländerunternehmen dürfen ausgeschlossen werden. Darüber hinaus steht es den Mitgliedstaaten weiterhin frei, in bestimmten Bereichen wie die Verteidigung und Sicherheit den Zugang zu ihrem Markt zu beschränken.
2. Ablehnung ungewöhnlich günstiger Angebote
In den EU-Vorschriften sind Möglichkeiten vorgesehen, Angebote, deren Preise zu niedrig erscheinen, abzulehnen. Die Leitlinien enthalten eine Liste von Fragen, die dem Bieter zur Klarstellung des Preises vorgelegt werden können.
3. Qualitätsorientiertes Beschaffungswesen
Um zu vermeiden, dass die Aufträge lediglich anhand des niedrigsten Preises vergeben werden, fordern die EU-Vorschriften die Behörden über die Vergabe öffentlicher Aufträge auf, ihre Beschaffungen strategisch auszurichten und Innovation, soziale Verantwortung und Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt ihrer Ausschreibungsunterlagen zu stellen. Durch konkrete Beispiele wird erläutert, wie die Sozial-, Umwelt- und Arbeitstandards im Rahmen eines Vergabeverfahrens festgelegt und durchgesetzt werden können.
4. Praktische Unterstützung durch die Kommission
Die öffentlichen Stellen genießen darüber hinaus die Unterstützung der Kommission bei der Beurteilung der Frage, ob ein Projekt mit den EU-Vorschriften vereinbar ist. Diesbezüglich können sie die Kommission ersuchen, die Vereinbarkeit im konkreten Fall zu bewerten, bevor sie wichtige Schritte unternehmen. Unter anderem umfasst diese Unterstützung die Beratung hinsichtlich eines ungewöhnlich niedrigen Preises oder einer qualitätsorientierten Konzipierung von Beschaffungen.
Mit der Veröffentlichung der Leitlinien soll die Wirksamkeit des öffentlichen Beschaffungswesens verbessert werden. Dieser neue Rechtsrahmen bietet einen Spielraum, der zur Stärkung des Binnenmarkts beiträgt und gleiche Wettbewerbsbedingungen auf dem Beschaffungsmarkt der Europäischen Union fördert.