Mit Bescheid des Bundesvergabeamtes wurde der Antrag der M GmbH auf Feststellung, dass die Umsetzung des Systems der e-Medikation durch den Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger in Wien (Hauptverband) als öffentlicher Auftraggeber ohne vorherige Bekanntmachung rechtswidrig war, zurückgewiesen. Diese Zurückweisung wurde damit begründet, dass die Frist zur Einbringung des Feststellungsantrages gemäß § 332 Abs 3 BVergG (sechs Monate) seit Vertragsschluss bereits abgelaufen sei. Aufgrund der gegen diese Zurückweisung ergangenen Beschwerde der M GmbH wandte sich der VwGH mit einem Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH, der im Wesentlichen festhielt, dass die Kombination aus fehlender Bekanntmachung und einer Frist von sechs Monaten einem effektiven und den Vorgaben des Unionsrechts entsprechenden Rechtschutz entgegenstehe und daher unzulässig sei (vgl Rs C-166/14). Nach der Zurückverweisung an das mittlerweile zuständig gewordene Bundesverwaltungsgericht, welches mit Erkenntnis vom 30.11.2016 (W123 2006575-1/43E) eine Geldbuße von EUR 90.000,00 über die nunmehrige Revisionswerberin verhängte, wandte sich diese mittels außerordentlicher Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Begründend führte die Revisionswerberin unter anderem aus, dass die Verhängung einer Geldbuße nur dann zulässig sei, wenn von der Nichtigerklärung des Vertrages abgesehen werden, was jedoch eine entsprechende Entscheidungsfreiheit des Bundesverwaltungsgerichtes voraussetze, die hier aber nicht gegeben sei. Darüber hinaus sei die Verhängung von Sanktionen nach Ablauf der Frist gemäß § 332 Abs 3 BVergG 2006 als willkürlich zu betrachten und würde gegen den Vertrauensgrundsatz verstoßen; dies deshalb, weil die Strafbarkeit eines nicht mehr strafbaren Verhaltens wieder aufleben würde. Auch die Höhe der Geldbuße wurde von der Revisionswerberin als unangemessen bekämpft, weil nicht ausreichend auf die vorliegenden Milderungsgründe eingegangen wurde.

Der VwGH hielt hierzu – unter Verweis auf ein früheres Erkenntnis (Ro 2014/04/0065) – eingangs fest, dass der Grund, welcher zur Nichtigerklärung des Verfahrens führte, für die Verhängung einer Geldbuße nicht relevant ist. Die bloße vorzeitige Auflösung des rechtswidrig vergebenen Auftrages, beseitige jedoch nicht den zu sanktionierenden Verstoß gegen das Vergaberecht; insbesondere sei nur durch die Verhängung der Geldbuße eine Sanktionierung für den bereits abgewickelten und nicht der Rückabwicklung zugänglichen Vertragsteil möglich. Darüber hinaus kommt dem Verwaltungsgericht beim Absehen von der Nichtigerklärung und der damit verbundenen Geldbuße weder Entscheidungsfreiheit noch ein Ermessen zu (vgl hierzu die Formulierung „hat […] abzusehen“ in § 334 Abs 2 BVergG); lediglich die Höhe der zu verhängenden Geldbuße stellt eine Ermessensentscheidung dar. Da die Geldbuße – entsprechend den Erläuterungen zu § 334 BVergG – keine Verwaltungsstrafe, sondern ein neues Sanktionssystem darstelle, ist die Verhängung der Geldbuße zulässig; insbesondere, weil durch die Frist lediglich die Geltendmachung aber nicht die Verjährung nomiert werde. Zur Höhe der Gelbuße führte der VwGH abschließend aus, dass die Höhe der Geldbuße regelmäßig im Ermessen des Gerichts stehe und die Gründe für die Entscheidung im vorliegenden Erkenntnis ausreichend mitgeteilt wurden.

VwGH 23.10.2017, Ra 2017/04/0005