Die Erfüllung von Aufgaben der kommunalen Daseinsvorsorge stellt Gemeinden vor durchaus anspruchsvolle Abwicklungsprobleme. Zur wirtschaftlich effizienten Erledigung ist es oft sinnvoll derartige Aufgaben an vom öffentlichen Auftraggeber kontrollierte, rechtlich selbstständige Dritte zu vergeben (In-House Vergabe); sofern die vom EuGH herausgearbeiteten Voraussetzungen (vgl EuGH 18.11.1999, Rs C-107/98 sowie EuGH 13.6.2013, Rs C-386/11) erfüllt werden, bietet diese Form der Auftragsvergabe den Vorteil, dass sie vom Vergaberegime ausgenommen ist.

Ausgangspunkt für das vorliegende Urteil des EuGH war die Gründung eines Zweckverbandes (ZV) durch die Region Hannover und die Stadt Hannover mit dem Ziel, die Aufgaben im Bereich der Abfallentsorgung, Straßenreinigung und des Winterdienstes, welche zuvor der Stadt und der Region oblagen, durch den Zweckverband erledigen zu lassen. Im Zuge der Gründung brachten die Stadt und Region alle zur Aufgabenerfüllung dienenden Einrichtungen unentgeltlich in den Verband ein; darüber hinaus übertrug die Region ihre Anteile an einer von ihr gehaltenen Abfallentsorgungsgesellschaft an den ZV. In der Verbandsordnung war geregelt, dass der Verband kostendeckend arbeiten, die Verbandsmitglieder allfällige Verluste jedoch ausgleichen sollen. Zusätzlich wurden im Jahr 2011 rund 6% des Umsatzes am freien Markt als sogenannte Drittumsätze erwirtschaftet. Eine in der Abfallwirtschaft tätige Handelsgesellschaft machte im Rahmen eines Nachprüfungsantrages geltend, dass die Gründung des ZV und die Vergabe der Dienstleistung an diesen ausschreibungspflichtig gewesen wäre. Dies deshalb, weil der ZV – aufgrund der eigenwirtschaftlichen Tätigkeit in Höhe von 6% des Umsatzes – nicht mehr im Wesentlichen für die errichtenden Gebietskörperschaften tätig sei. Aufgrund des Fehlens der notwendigen Voraussetzungen für eine In-House Vergabe (Teckal-Kriterien), sei daher vom Vorliegen eines ausschreibungspflichtigen öffentlichen Auftrages auszugehen.

Der EuGH hielt hierzu eingangs fest, dass maßgeblich für das Vorliegen eines öffentlichen Auftrages und somit die Anwendbarkeit des Vergaberechts das Vorliegen eines entgeltlichen Vertrages sei. Weder die unentgeltliche Übertragung von zur Aufgabenerfüllung notwendigen Mittel, noch die Verpflichtung zur Übernahme allfälliger Mehrkosten als Ausdruck der internen Organisation, sei als Gegenleistung im Sinne eines entgeltlichen Vertrages anzusehen. Zusätzlich sei, damit die Kompetenzübertragung auf den Verband als Maßnahme der internen Organisation angesehen werden könne, eine finanzielle Unabhängigkeit erforderlich, die es erlaube, die Finanzierung der Aufgabenerfüllung sicherzustellen sowie eine gewisse Handlungsfreiheit. Diese Handlungsfreiheit sei zum Ersten dann gegeben, wenn mit der Kompetenzübertragung alle zur vollständigen und autonomen Aufgabenerfüllung notwendigen Zuständigkeiten und Befugnisse übertragen werden. Zum Zweiten sei selbst ein bestehendes Überwachungsrecht nicht schädlich, sofern dieses sich nicht auf die Einmischung in konkrete Modalitäten der Aufgabendurchführung erstreckt. Im Ergebnis liege daher kein ausschreibungspflichtiger öffentlicher Auftrag vor.

Anzumerken ist, dass das Urteil des EuGH noch auf der Rechtslage der alten Vergaberichtlinie (RL 2004/18/EG) aufbaut. Für die neue Rechtslage ist in Artikel 12 Absatz 2 RL 2014/24/EU legistisch geregelt, welche Voraussetzungen erfüllt werden müssen, damit eine ausschreibungsfreie Interkommunale Zusammenarbeit vorliegt.

EuGH 21.12.2016, Rs C-51/15