Der Verwaltungsgerichtshof hatte im Rahmen einer außerordentlichen Revision gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien (VGV-123/061/10233/2014) zu entscheiden, wie undeutliche Festlegungen von Ausschreibungsbestimmungen auszulegen sind.
In dem der Revision vorausgehenden Erkenntnis hielt das Verwaltungsgericht unter Verweis auf die Rechtsprechung der Vergabekontrollbehörden fest, dass die Auslegung von undeutlichen Ausschreibungsbestimmungen nach den Regeln der §§ 914f ABGB zu erfolgen hat. Maßgeblich ist der objektive Erklärungswert der Ausschreibungsbestimmungen. Im Zweifel muss sich der Auftraggeber eine weite Auslegung der von ihm genutzten undeutlichen Bestimmungen gefallen lassen, sodass im Zweifel die für den Bieter günstigere Regelung („bieterfreundliche Auslegung von undeutlichen Ausschreibungsbestimmungen“) gilt. Das Verwaltungsgericht wies den Nachprüfungsantrag ab und erklärte die Revision für unzulässig. Die Antragstellerin wollte sich hiermit nicht zufrieden geben und wandte sich im Rahmen einer außerordentlichen Revision an den Verwaltungsgerichtshof. Sie monierte, dass das Verwaltungsgericht – entgegen der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – bei der Auslegung der undeutlichen Ausschreibungsbestimmungen nicht die Unklarheitenregel des § 915 ABGB beachtet und die undeutliche Bestimmung nicht zu Lasten des Auftraggebers ausgelegt hatte.
Hierzu stellte der Verwaltungsgerichtshof klar, dass „eine derartige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur vergaberechtlichen Nachprüfung nicht besteht. Vielmehr hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass Ausschreibungsbestimmungen nach dem objektiven Erklärungswert für einen durchschnittlichen fachkundigen Bieter bei Anwendung der üblichen Sorgfalt auszulegen sind.“ Die Auslegung erfolge im Zweifel „gesetzeskonform und sohin in Übereinstimmung mit den maßgeblichen Bestimmungen“. Auf den Willen der Parteien „kommt es nicht an. Maßgeblich ist vielmehr der objektive Erklärungswert er Ausschreibungsbestimmungen. Lässt sich der Inhalt eines Begriffes aus dem allgemeinen Sprachgebrauch bzw. unter Heranziehung der gesamten Ausschreibungsunterlagen nicht eindeutig ermitteln, so kann für die Klärung, welche Bedeutung eine Ausschreibungsbestimmung für einen durchschnittlich fachkundigen Bieter hat, auch die Beiziehung eines Sachverständigen erforderlich sein.“
Im Ergebnis wies der Verwaltungsgerichtshof die Revision mangels Vorliegens der Voraussetzungen ab.