Die Bundesregierung hat die Gebühren für die Inanspruchnahme des Bundesvergabeamtes per Verordnung neu geregelt. Diese so genannte Bundesvergabeamt-Gebührenverordnung ist am 13.4.2012 in Kraft getreten.
Mit dieser Verordnung wurden zunächst zwei Gebührensätze für die durch die BVergG-Novelle 2012 neu eingeführten Verfahren der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung und nach vorherigem Wettbewerb normiert. Darüber hinaus wurden drei Staffeln an Gebühren eingeführt, deren Höhe vom geschätzten Auftragswert des Ausschreibungsgegenstandes abhängt. Dabei wurden die bisherigen allgemeinen Gebühren in moderater Höhe angehoben (Staffel 1); eine empfindliche Erhöhung hat es jedoch für Nachprüfungs- und Feststellungsanträge gegeben, die sich gegen Vergabeverfahren mit hohen Auftragswerten richten. Sofern nämlich der geschätzte Auftragswert oder der tatsächliche Auftragswert den jeweiligen EU-Schwellenwert um mehr als das zehnfache übersteigt, muss für einen Antrag die Pauschalgebühr in dreifacher Höhe der regulären Gebühr entrichtet (Staffel 2). Übersteigt hingegen der geschätzte Auftragswert oder der tatsächliche Auftragswert den jeweiligen EU-Schwellenwert um mehr als das 20-fache, beträgt die Pauschalgebühr sogar das Sechsfache der regulären Gebühr (Staffel 3).
Die Staffelung der Gebührenhöhe in der Bundesvergabeamt-Gebührenverordnung erscheint in verfassungsrechtlicher Hinsicht bedenklich. Die Sprünge bei den Gebühren können mit dem Sachlichkeitsgebot nur schwer in Einklang gebracht werden. Für die Anfechtung eines Vergabeverfahrens beispielsweise mit einem geschätzten Auftragswert des genau zehnfachen EU-Schwellenwertes sind die niedrigsten Gebühren der Staffel 1 zu entrichten. Überschreitet hingegen der geschätzte Auftragswert den EU-Schwellenwert nur marginal, also etwa um das 10,01-fache, müssen plötzlich die Gebühren in dreifacher Höhe bezahlt werden. Ein sachliches Argument für diesen Gebührensprung ist nicht ersichtlich. Im Übrigen erfordert die Staffelung eine exakte, sogar Cent-genaue Ermittlung des geschätzten Auftragswertes. Es stellt sich dabei unter anderem die Frage, wie geht man mit allfälligen Meinungsverschiedenheiten zwischen Auftraggeber und antragstellendem Bieter im Hinblick auf die Höhe des geschätzten Auftragswertes um. Letztlich wird wohl das Bundesvergabeamt einen solchen Streit zu klären haben, weil davon ja die Höhe der Gebühr abhängt; ohne die Beiziehung eines Sachverständigen wird dies aber in den meisten Fällen schlicht unmöglich sein. Wenn beispielsweise ein Bieter die Ausschreibungsunterlagen für ein Beschaffungsvorhaben, dessen Größenordnung um das zehnfache des EU-Schwellenwertes liegt, bekämpft, ist die Ermittlung des geschätzten Auftragswertes ohne Sachverständigen durch das Bundesvergabeamt ausgeschlossen. Es liegen ja noch nicht einmal Angebote vor, an denen sich das Bundesvergabeamt orientieren könnte. Es darf bezweifelt werden, dass die Beiziehung eines Sachverständigen bereits zur Beurteilung der Gebührenhöhe besonders zweckmäßig ist; im Interesse eines funktionierenden und effektiven Rechtsschutzes ist es jedenfalls nicht.
Die soeben dargelegten Überlegungen zeigen nur einige jener Argumente, die gegen die neue Bundesvergabeamt-Gebührenverordnung ins Treffen geführt werden können. Da es aber noch weitere Argumente gibt, erscheint es nur eine Frage der Zeit, bis die Verordnung einer Kontrolle beim Verfassungsgerichtshof unterzogen wird.
Bundesgesetzblatt vom 12.4.2012, II 130/2012