Das Bundesvergabeamt hat in einer noch nicht veröffentlichten Entscheidung erstmals nach § 334 Abs 7 BVergG eine Geldbuße über einen öffentlichen Auftraggeber verhängt, weil er – entgegen den Vorgaben des BVergG – Leistungen ohne öffentliche Ausschreibung vergeben hat. 

Diese Möglichkeit zur Verhängung von Geldbußen wurde mit der Novelle 2009, die am 5.3.2010 in Kraft getreten ist, neu eingeführt. Eine solche Geldbuße kommt nur dann in Betracht, wenn ein potentiell in Betracht kommender Unternehmer sich bei einer Nachprüfungsbehörde darüber beschwert, dass ein öffentlicher Auftraggeber ausschreibungspflichte Leistungen entweder direkt oder nach direkter Einladung bestimmter Unternehmen ohne öffentliche Ausschreibung vergeben hat, obwohl die im BVergG vorgesehenen Voraussetzungen für eine solche Vergabe nicht erfüllt sind. Im Falle eines solchen Einspruchs kann der interessierte Unternehmer, der sich an dieser Auftragsvergabe auch beteiligen hätte wollen, den bereits zivilrechtlich gültig geschlossenen Vertrag von der Nachprüfungsbehörde für nichtig erklären lassen. Der von einem solchen Feststellungsantrag betroffene öffentliche Auftraggeber wiederum kann die Nichtigerklärung des Vertrages dadurch verhindern, indem ein entsprechender Antrag gegenüber der Nachprüfungsbehörde gestellt wird. Die Nachprüfungsbehörde kann dann auf die Nichtigerklärung des bereits geschlossenen Vertrages unter gewissen Voraussetzungen verzichten; in einem solchen Fall hat aber die Nachprüfungsbehörde eine Geldbuße über den Auftraggeber zu verhängen. Der öffentliche Auftraggeber kann sich also gewissermaßen vom Vergabeverstoß frei kaufen. Die zu verhängende Geldbuße muss der Höhe nach „wirksam, angemessen und abschreckend“ sein. Die Höchstgrenze für eine Geldbuße beträgt im Oberschwellenbereich 20% und im Unterschwellenbereich 10% jeweils bezogen auf den vergebenen Auftrag.

Im nunmehr ersten Anlassfall hat der Hauptverband der Sozialversicherungsträger als öffentlicher Auftraggeber Leistungen vergeben. Dabei hat er auf die Abwicklung eines im BVergG vorgesehenen Verfahrens verzichtet. Im Konkreten ging es dabei um die Realisierung der E-Medikationsdatenbank und der Elektronischen Gesundheitsakte (ELGA). Mit diesem Projekt soll eine österreichweite Datenbank für Verbraucher von Medikamenten aufgebaut werden, aus der Ärzte und Apotheker erforderliche Daten abrufen können. Damit soll insbesondere vermieden werden, dass es bei Anwendung unterschiedlicher Arzneien zu unerwünschten Wechselwirkungen mit anderen eingenommenen Medikamenten kommt. Vor diesem Hintergrund hat der Hauptverband entsprechende Verträge betreffend die Ärztesoftware vergaberechtswidrig ohne öffentliche Ausschreibung abgeschlossen. Anfang April hat ein Tiroler Arzt den oben dargelegten Feststellungsantrag beim Bundesvergabeamt eingebracht; der Hauptverband hat seinerseits einen Gegenantrag eingebracht, der darauf gerichtet war, auf die Nichtigerklärung der geschlossenen Verträge zu verzichten. Das Bundesvergabeamt ist diesem Gegenantrag im Wesentlichen nachgekommen; anstelle der Nichtigerklärung der vergaberechtswidrigen Verträge wurde eine Geldbuße von rund 10% der Auftragssumme (EUR 24.000,-) verhängt.