Die Gründung öffentlich-privater Gemeinschaftsunternehmen ist laut EuGH ausschreibungsfrei. Das gleiche gilt für die damit untrennbar verbundenen, nur einen Nebengegenstand darstellenden Aufträge an das Gemeinschaftsunternehmen.

Einem aktuellen Vorabentscheidungsurteil des EuGH lag folgender Sachverhalt zu Grunde:

Die Stadt Oulun (Finnland) hatte ohne vorangehende Ausschreibung beschlossen, mit einem privaten Partner ein Gemeinschaftsunternehmen in Form einer Aktiengesellschaft zu gründen. Die Stadt und der private Partner sollten jeweils zu gleichen Teilen an dem Gemeinschaftsunternehmen beteiligt sein. Die Tätigkeit des Gemeinschaftsunternehmens sollte in der Erbringung von Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz bestehen. Diese Tätigkeit sollte primär und in zunehmendem Maß für private Kunden erbracht werden. Die Stadt und der private Partner verpflichteten sich jedoch, die Gesundheitsdienstleistungen, die sie als Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern nach den nationalen Vorschriften gewähren müssen, für eine Übergangszeit von vier Jahren von dem Gemeinschaftsunternehmen zu beziehen.

Das mit diesem Fall befasste nationale Gericht wollte vom EuGH insbesondere wissen, ob die Dienstleistungen im Bereich Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz deswegen aus dem Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/18 ausgenommen sind, weil sie Bestandteil des Vertrags über die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens sind.

Dazu führte der EuGH aus, dass die Gründung eines Gemeinschaftsunternehmens durch einen öffentlichen Auftraggeber und einen privaten Partner als solche nicht unter die Richtlinie 2004/18 fällt. Eine Kapitalübertragung dürfe aber nicht in Wirklichkeit als Deckmantel für die Übertragung von öffentlichen Aufträgen an einen privaten Partner dienen.  Ein gemischter Vertrag, dessen einzelne Teile untrennbar miteinander verbunden sind und somit ein unteilbares Ganzes bilden, sei im Hinblick auf seine rechtliche Einordnung in seiner Gesamtheit und einheitlich zu prüfen und auf der Grundlage der Vorschriften über öffentliche Aufträge, die den Teil regeln, der seinen Hauptgegenstand oder vorherrschenden Bestandteil bildet, zu untersuchen. Es sei daher zu prüfen, ob sich der Teil, der die Gesundheitsdienstleistungen für die Beschäftigten der Stadt betrifft und der grundsätzlich unter die Richtlinie 2004/18 fällt, von dem Vertrag über die Gründung des Gemeinschaftsunternehmens trennen lässt. Die Untrennbarkeit müsse sich auf objektive Gesichtspunkte stützen, die sie rechtfertigen und die Notwendigkeit begründen, einen einheitlichen Vertrag abzuschließen. Im vorliegenden Fall wurde vom EuGH eine solche Untrennbarkeit abgelehnt und daher die Anwendbarkeit der Richtlinie 2004/18 bejaht.

(EuGH 22.12.2010, C-215/09)